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«Sich der Tiere zuliebe vegetarisch zu ernähren, klingt erstmal logisch. Doch die Milchindustrie erzeugt ähnlich wie die Fleischindustrie eine Menge Tierleid

«Wer sich mit dem Thema Fleischverzehr beschäftigt, wird früher oder später auf eine grundlegende Widersprüchlichkeit stoßen: Wieso ist es normal, den Hund oder die Katze zu streicheln und zu lieben, gleichzeitig jedoch andere Tiere zum Verzehr zu schlachten? Um diese unangenehmen und widersprüchlichen Emotionen zu meiden, greift das psychologische Phänomen der kognitiven Dissonanz

«Als Vermeidungsstrategie sucht der Mensch nach Gründen, um sein Verhalten zu rechtfertigen. Er nennt Argumente, wie jenes, dass nur Fleisch mit Bio-Qualität gekauft wird und die Tiere ein schönes Leben vor ihrem Tod haben. Dadurch entsteht das sogenannte Fleischparadoxon

«Ebenso verhält es sich auch mit dem Käseparadoxon – mit dem Unterschied, dass der Widerspruch hier nicht ganz so offensichtlich ist: Vegetarier verzichten dem Tierwohl und der Umwelt zuliebe auf Fleischprodukte. Doch auch die Milchindustrie ist mit Tierleid verbunden und nicht weniger umweltschädlich.»

«Hühner legen in der Massentierhaltung ca. 30-mal mehr Eier als in der freien Natur. Das benötigte Kalzium für die Eier zieht der Tierkörper aus den Knochen, wodurch es zu häufigen Kielknochenbrüchen kommt, die in der Regel unentdeckt bleiben und den Tieren Schmerzen zufügen.»

«Eier sind keine harmlosen Nebenprodukte. Nahezu 100 Prozent der Legehennen haben ein gebrochenes Brustbein, das meist nicht behandelt wird. Da Legehennen übermäßig viel Calcium für die Eier benötigen, zieht ihr Körper dies aus den Knochen, wodurch sie anfällig für Brüche werden.»

«Auf der anderen Seite leiden Milchkühe, weil sie durch Zwangsbefruchtung immer wieder Kälber austragen und dadurch bis zu 20-mal mehr Milch als üblich produzieren. Die häufigen Schwangerschaften führen zu vermehrten gesundheitlichen Problemen und zum frühzeitigen Tod. Auch psychische Schmerzen dürfen hier nicht vernachlässigt werden, etwa wenn Kälber frühzeitig von ihren Müttern getrennt werden. Erneut sind männliche Nachkommen unerwünscht und werden erschossen oder an die Kalbfleischindustrie verkauft.»

«Hinzu kommt, dass Milch ein wahrer Umweltsünder ist: Pro Liter werden drei kg CO₂ verursacht, während die Emissionen bei pflanzlichen Alternativen zwischen 0,7 kg CO₂ und 1,2 kg CO₂ liegen. Bei verarbeiteten Milchprodukten fällt die Umweltbilanz sogar noch schlechter aus, da hier große Mengen von Milch benötigt werden. Allein bei Butter liegen die Treibhausgasemissionen bei 23,8 kg CO₂, während bei pflanzlicher Margarine lediglich 1,4 kg CO₂ verursacht werden.»

«Eine rein ethische Entscheidung zur vegetarischen Ernährung, um Tierleben zu schützen, ist nach diesen Erkenntnissen ein Trugschluss. Auch der Gedanke, damit die Umwelt zu schonen, entspricht nicht der Realität. Fakt ist, dass die Milchindustrie zwar weniger schädlich als die Fleischindustrie ist, sie aber dennoch Tierleid erzeugt und die Umwelt belastet. Doch über das Phänomen der kognitiven Dissonanz können sich viele Vegetarier*innen (und auch Nicht-Vegetarier*innen) vor den unangenehmen Fakten verschließen und ihre Entscheidungen über das Käseparadoxon rechtfertigen.»

«Dieser Widerspruch, das Käseparadoxon, wird dabei durch das psychische Phänomen der kognitiven Dissonanz im Bewusstsein zurückgedrängt, wodurch die unschönen Fakten gerechtfertigt werden, um das eigene Gewissen zu entlasten.»

https://www.nationalgeographic.de/umwelt/2024/06/das-kaeseparadoxon-warum-milchprodukte-kein-fleischersatz-sind