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«Nurit Peled-Elhanan hat einst ihr Kind bei einem Bombenattentat eines Palästinensers verloren. Nun läuft gegen sie ein Strafverfahren – sie habe den Hamas-Terror verteidigt. Peled ist in Israel kein Einzelfall mehr.»

«Das Massaker, kommentierte sie mit Bezug auf die Hamas-Terrorattacke vom 7. Oktober, erinnere sie an etwas, das der Philosoph und Antikolonialist Frantz Fanon über Rassenbeziehungen geschrieben habe: «Als nach all den Jahren, in denen die Unterdrückten unter Eurem eisernen Stiefel zu ersticken drohten, sie die Gelegenheit hatten, nach oben in Eure Augen zu blicken – welchen Blick habt Ihr da erwartet?» In eigenen Worten fügte sie an: «Diesen Blick haben wir gesehen.»»

(Anmerkung: Mittlerweile dürfte feststehen, dass das Massaker massgeblich von den israelischen Soldaten verübt wurde.)

«Wenige Stunden später war Peled ihre Anstellung als Hochschuldozentin los. Der Präsident der Universität bezichtigte sie in einem Schreiben des Verrats. Sie habe «Verständnis für die abscheulichen Taten der Hamas» gezeigt und sie mit dem Zitat zu rechtfertigen versucht. Die Vorlesungen von Peled wurden gestrichen. Mitte Dezember erhielt Peled ausserdem eine Vorladung von der Polizei. Eine Anzeige war gegen sie eingegangen. Der Vorwurf: Terrorunterstützung.»

«Peled ist eine von einer Handvoll jüdischer Israeli, die wegen ihrer kritischen Haltung die Stelle verloren haben. Doch das ist nicht das einzige, was an ihrer Geschichte bemerkenswert ist: Ihr Leben ist durch denselben palästinensischen Terror geprägt, den sie jetzt angeblich verteidigt. Im Herbst 1997 war ihre Tochter Smadar in Jerusalem unterwegs, um Schulbücher zu kaufen. Der Zufall wollte es, dass sie sich in der Nähe eines palästinensischen Selbstmordattentäters auf der Einkaufsstrasse Ben Yehuda aufhielt. Der Mann riss die 14-Jährige und Dutzende andere Menschen mit sich in den Tod.»

«Rami Elhanan, ihr Mann, wollte auch deshalb nicht weg, weil er sich verantwortlich fühlt für den Frieden in seinem Land. Nach dem gewaltsamen Tod von Smadar gründete er den Parent Circle, eine Organisation bestehend aus Eltern beider Seiten – der palästinensischen und der israelischen –, die etwas gemeinsam hatten: Kinder, die im Krieg oder durch Terror ihr Leben verloren hatten. Immer wieder tritt er zusammen mit seinem palästinensischen Freund Bassam Aramin in Medien der ganzen Welt auf. Aramins Tochter starb, nachdem sie von einem Gummigeschoss eines israelischen Soldaten schwer verletzt worden war. Die beiden Männer waren zu dem Zeitpunkt schon befreundet. Als Rami Elhanan die Nachricht erhielt, fuhr er zu dem Krankenhaus, in dem Aramins Tochter um ihr Leben kämpfte.»

««Die meisten meiner Freunde, die sich früher für die Rechte von Palästinenserinnen einsetzten, unterstützen jetzt das Vorgehen unserer Armee in Gaza», sagt Peled. «Sie meinen, dass sie nach dem Holocaust, dem vererbten Trauma unseres Staats, wieder zu Opfern wurden.» Peled fühlt sich nicht als Opfer. Aber sie hat eine klare Meinung dazu, wer hier Täter ist. «Es sind die Israeli, die gerade Tausende von Kindern töten, nicht die Juden», sagt sie.»

«Inzwischen hat sich eine Gruppe von Kolleginnen an ihrer Hochschule für ihre Wiedereinberufung eingesetzt. Peled weiss noch nicht, ob sie zurückkehren wird.»

https://www.nzz.ch/gesellschaft/nurit-peled-elhanan-ld.1774634