«Der Abrieb von Auto- und Lkw-Reifen ist ein Umwelt- und Gesundheitsproblem, das nur wenig Aufmerksamkeit erzeugt – anders als die Abgase der Motoren. Dabei tragen sie besonders in Städten durchaus erheblich zur Belastung der Luft mit Feinstaub bei, der unter anderem für Atemwegs- sowie Herz- und Kreislauferkrankungen verantwortlich gemacht wird. Eine neue Studie lenkt den Blick nun auf eine weitere negative Folge des giftigen Partikelgemisches, das beim Abrieb der Reifen auf den Straßen entsteht: Es schädigt, wenn es durch Wind und Regen in Bäche, Flüsse und Seen gelangt, dort auch wichtige Wasserorganismen.»
«Es handelt sich dabei um winzig kleine Partikel, nano- bis mikrometergroß, die eine komplexe Mischung aus Komponenten wie Reifengummi, polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs), Mineralölen, Metallen und synthetischen Chemikalien darstellt, darunter auch Weichmacher. Insgesamt wird die Menge an Reifenabrieb in Deutschland auf rund 133.000 Tonnen jährlich geschätzt.»
«Es zeigte sich: Der Reifenabrieb beeinträchtigt das Überleben, die Entwicklung und die Fortpflanzung dieser Organismen.»
«Es zeigte sich, dass das belastete Sediment die Sterblichkeit um fast 30 Prozent erhöhte. Auch die Fruchtbarkeit nahm sichtbar ab, und es kam zu einer Verringerung der Zahl fruchtbarer Eier pro Weibchen. „Unsere Studie zeigt deutlich, dass Reifenabriebpartikel eine unterschätzte Gefahr für unsere Gewässer darstellen“, resümiert der Hauptautor der Studie, Lorenzo Rigano, Doktorand am „Loewe“-Zentrum. Die in den Partikeln enthaltenen Schadstoffe hätten sich zusammen giftiger auf Wasserorganismen ausgewirkt, als es jede einzelne Komponente alleine tun würde.»
«Laut der Studie reichern sich die Schadstoffe aus dem Reifenabrieb im Körpergewebe der Wasserorganismen an, über die Nahrungskette könne das „kaskadenartige Auswirkungen auf Süßwasserökosysteme haben“, schreiben die Forscherinnen und Forscher. Als besonders besorgniserregend stellen sie heraus, dass die beobachteten Fortpflanzungsstörungen möglicherweise über mehrere Generationen hinweg bestehen bleiben könnten.»
«Laut dem Umweltforscher Michael Braungart stammt rund die Hälfte des Mikroplastiks in europäischen Flüssen aus dieser Quelle. Er verweist darauf, dass Autoreifen heute doppelt so lange halten wie früher, allerdings setzten die Hersteller zu diesem Zweck fast 500 verschiedene Chemikalien ein, die zum Teil toxisch wirkten, sagte er der Frankfurter Rundschau.»